Die Eltern müssen ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass sie der erste und wichtigste Trainer für ihre Kinder sind
Das beste motorische Lernalter liegt bei einem Tennisspieler zwischen dem 8. und 12. Lebensjahr. Dort werden die (tennisspezifischen) Grundlagen für die weitere Entwicklung gelegt. In dieser Phase kann der größte Fortschritt erzielt, aber auch die meisten Dinge liegen gelassen oder in die falsche Bahn gelenkt werden. Was den Kindern in diesen Lernjahren vermittelt wird, zieht sich in späteren Jahren durch wie ein roter Faden. Hierzu zählen, neben dem Fokus auf die technische Ausbildung, das Vermitteln von Verhaltensregeln (Disziplin, Respekt, Konzentration etc.) im Training und Wettkampf und im Umgang mit den Trainingspartnern und Trainern. Die besten Trainer/Innen mit dem meisten Knowhow müssen sich mit den Kindern auseinandersetzen, doch zu oft werden die Kinder in die Hände von unerfahrenen Trainern gegeben.
Der Grundstein für motorische Fähigkeiten und Fertigkeiten wird im familiären und sozialen Umfeld gelegt. Durch das kindgerechte Spielen „auf der Straße“ entwickeln die Kinder spielerisch eine intermuskuläre Koordination und der muskuläre Bewegungsapparat wird ganzheitlich ausgebildet. Ein noch so guter Trainer wird die motorischen Defizite, die bereits in der Kindheit gelegt wurden, nicht kompensieren können.
Doch die Kultur der „Straßenkinder“ (Fangen und Verstecken, auf Bäume klettern, Fußball auf dem Bolzplatz) stirbt aus und wir ersetzt durch ein organisiertes Wochenprogramm vorgegeben durch die Eltern. Die digitalen Medien tun ihr übriges. Besonders die sogenannten „Helikopter- Eltern“ verhindern die Entwicklung der Selbstständigkeit auf verschiedenen Ebenen; sie verhindern das Ausprobieren, das Hinfallen und wieder Aufstehen und schränken daher massiv die kindgerechte Entwicklung körperlich und geistig ein. Selbst der Weg zur (Grund-) Schule wird durch die Eltern oftmals übernommen.
Demnach ist ein weiterer wichtiger Punkt, die gezielte „Erziehung und Sensibilisierung“ der Eltern. Man muss kein Prophet dafür sein, dass Tenniseltern in vielen Bereichen ihre eigene Meinung haben, jedoch fehlt ihnen oftmals das nötige Wissen und die Erfahrung. In diesem Bereich ist es ebenfalls die Aufgabe des Trainers, die Eltern über Themen wie die Relevanz von einer Grundlagentechnik, die Wichtigkeit von Fitness- und Athletiktraining und die Bedeutung einer zweiten Sportart zu informieren.
Gerade in der heutigen Generation, stirbt die zweite Sportart immer mehr aus. Die Fußballer spielen Fußball, die Handballer spielen Handball, und die Tennisspieler spielen ausschließlich Tennis usw. Eltern machen sich mehr Gedanken darüber eine 4. oder 5. Trainingseinheit in den Trainingsalltag einzubauen, anstatt auf eine breite Grundlagenausbildung wertzulegen (zumindest bis zum 12. Lebensjahr). Dann natürlich, ab einem gewissen Lebensalter, muss man spezialisieren und die zweite Sportart fällt weg.
Die Eltern sollten ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass sie der erste und wichtigste „Mental- und Bewegungs-Trainer“ für ihre Kinder sind. Im familiären Kontext erleben und erfahren die Kinder Eigenschaften wie Wille, Durchhaltevermögen, hinfallen und wieder aufstehen usw. Mentale Schwächen auf dem Tennisplatz haben ihren Ursprung in der Erziehung und dem Erlebten in jungen Jahren.
Ganz einfach gesagt, lasst die Kinder Kinder sein, unter gleichaltrigen spielen und erleben, sich ausprobieren und neuen Herausforderungen stellen.
B. Wardjawand
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